7 Juli 2012

Vitali Klitschko im RTL-Interview: Hatte Angst, dass die Situation eskaliert

Vitali Klitschko im RTL Interview
Vitali Klitschko im RTL Interview

Köln – WBC-Weltmeister Vitali Klitschko ist am Donnerstag in Bern eingetroffen, wo sein Bruder Wladimir am Samstag in einer Pflichtverteidigung gegen den US-Amerikaner Tony Thompson antritt (RTL, live ab 22.10 Uhr). Klitschko kam direkt aus Kiew, wo er am Dienstag als Vorsitzender seiner Partei UDAR an einer Demonstration gegen die Einführung von Russisch als zweiter Amtssprache in der Ukraine teilgenommen hatte. Dabei war es zu einem massiven Polizeieinsatz gekommen, in dessen Verlauf auch Tränengas eingesetzt worden war. Zudem hatte sich Vitali Klitschko durch Glassplitter leicht an der Hand verletzt. Im RTL-Interview gab er jetzt jedoch Entwarnung. Er habe einen Schutzengel gehabt und nicht mehr als einen Kratzer davon getragen. In Agenturberichten war am Dienstag die Rede von einer Schnittverletzung an der Hand und davon, dass Sie Tränengas abbekommen haben.

Was genau ist im Verlauf der Demonstration in Kiew passiert? „Die Berichte über meinen Tod sind ziemlich übertrieben. Viele Leute sind am Dienstag auf die Straße gegangen, um gegen ein Gesetz zu protestieren, dass nur durch Manipulation zustande gekommen ist. Das Parlament hat gegen alle demokratischen Regeln gehandelt und die Meinung der Menschen missachtet. Über 4000 Menschen haben friedlich dagegen protestiert und ich als Parteiführer habe das selbstverständlich unterstützt. Als die Polizei in einer Stärke von rund 1200 Mann aufzog, haben wir eine Menschenkette gebildet. Die Polizei hat Tränengas eingesetzt und versucht, die Menschen vom Platz zu verdrängen. Es gab Verletzte, einige haben geblutet, andere sind ohnmächtig geworden. Es war das erste Mal, dass ich Tränengas gespürt habe, das war kein gutes Gefühl. An der Hand habe ich einen kleinen Kratzer abbekommen, der anfangs auch geblutet hat, aber die Meldungen über eine Verletzung sind übertrieben. Gott sei Dank habe ich einen Schutzengel.“

Aber es hört sich beinahe so an, als bräuchten Sie diesen Schutzengel derzeit bei Ihren öffentlichen Auftritten in der Ukraine. Haben Sie während der Demonstration Angst gehabt? „Ja, ich hatte Angst, dass die Situation eskaliert. Aber selbstverständlich muss man kämpfen für eine bessere Zukunft. Ohne Kampf gibt es keinen Sieg. Und wir müssen unsere Rechte verteidigen. Ich habe niemals davon geträumt, Politiker zu werden, aber es gibt jetzt für mich die Aufgabe, für eine bessere Zukunft, für ein besseres Leben zu kämpfen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Ukraine zu Europa gehört. Aber wir sind ziemlich weit entfernt vom Lebensstandard anderer europäischer Länder. Der Grund ist die unfassbare Korruption. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Die Temperatur in unserer Gesellschaft steigt an, die Demonstration am Dienstag ist dafür ein gutes Beispiel. Das Gesetzt geht völlig an den eigentlichen Problemen in der Ukraine vorbei. 60 Prozent der Bürger meinen, die Ukraine entwickelt sich in eine falsche Richtung. 50 Prozent sind in einer Protestlaune, weil sie entweder keinen oder nur einen schlecht bezahlten Job haben. Wenn sich das so weiterentwickelt, entwickeln wir uns von einem korrupten Staat zu einer Diktatur.“

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Hat die EM der Ukraine zum Aufbruch verholfen, oder ist die Chance für das Land verpasst worden? „Nelson Mandela hat gesagt, Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern. Und ich bin fest davon überzeugt, dass die EM dem Land geholfen hat. Es wurde sehr viel gebaut, wir haben eine große Promotion für unser Land gemacht. Die Welt konnte sich davon überzeugen, wie schön das Land und wie freundlich die Menschen sind. Aber der Sport kann nicht alle politischen Probleme lösen.“ Zwischenzeitlich gab es Gerüchte, Ihr nächster WM-Kampf würde in Kiew stattfinden. Nun ist es Moskau geworden. Bedauern Sie das? „Ich habe immer davon geträumt, in Kiew zu kämpfen. Das möchte ich auch weiterhin. Und ich bin davon überzeugt, dass jeder Traum früher oder später in Erfüllung geht. Aber leider ist es dieses Mal nicht zustande gekommen, weil die wirtschaftlichen Bedingungen nicht realistisch waren. Es hat einfach nicht gepasst.“

Nun also Moskau. Was verbinden Sie damit? „Wir sind Moskau niemals fremd gewesen und haben dort eine riesige Fangemeinde. Wir haben ein gutes Angebot vom Olympic Sport Komplex und jetzt wird der nächste Kampf dort stattfinden.“

Ihr Gegner wird Manuel Charr sein. Was halten Sie von der Nummer 7 der WBC-Weltrangliste? „Er ist jung, wild und hungrig. Und er ist ungeschlagen – noch! Ich kann es mir nicht erlauben, gegen eine Pflaume zu boxen. Er hat zwar noch nicht die ganz großen Namen geboxt, aber er hat bisher immer eine gute Leistung gebracht. Ich bin überzeugt, das wird ein spannender Kampf.“

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Sie haben Charr als hungrig charakterisiert. Tatsächlich hat er diese Woche gegenüber RTL getönt, er sei ein hungriger Löwe und Vitali Klitschko sei sein Fleisch. Wie finden Sie dieses Bild? „Manuel hat dabei meinen Kampfnamen Doktor Eisenfaust vergessen. Und nicht nur meine Faust ist aus Eisen. Wenn dieser selbsternannte Löwe meint, in weiches Fleisch beißen zu können, wird er sich dabei nur die Zähne ausbeißen.“

Zwischen Ihnen und Manuel Charr werden am Kampfabend 14 Jahre Altersunterschied liegen. Vorteil Charr? „Ich fühle mich nicht alt, weder körperlich noch physisch. Mein Körper verträgt die Belastung, dazu bin ich sehr erfahren. Und das spielt im Leben eine ganz wichtige Rolle.“

Ihr Bruder Wladimir boxt am Samstag gegen Tony Thompson, der auch schon Ihr Sparringspartner war. Wie unangenehm ist der „Tiger“? „Ich mag keine Voraussagen, in diesem Sport sind die Chancen 50:50. Der Kampf vor vier Jahren gegen Thompson war einer der schwierigsten in der Karriere meines Bruders. Beide sind seither noch erfahrener geworden. Thompson ist unbequem zu boxen, weil er einen unangenehmen und unorthodoxen Stil hat. Als Experte sage ich, dass der Kampf mindestens drei Runden dauern wird, über die volle Distanz wird er aber nicht gehen. Ich habe am Donnerstag noch leichte Pratzenarbeit mit Wladimir gemacht und habe es genossen, ihn in seiner besten Form zu erleben. Er ist schnell, beweglich, explosiv, kraftvoll. Er ist derzeit der beste und stärkste Schwergewichtler der Welt.“

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